Mai
6
2020

Maskenpflicht: Kommunikationsbarriere für Hörgeschädigte

Das Tragen einer Nasen- und Mundabdeckung beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr ist seit dem 27.4.2020 in ganz Bayern verpflichtend. Bei Nichtbeachtung der Verordnung drohen Geldstrafen.
Der Bayerische Cochlea-Implantat-Verband vertritt die Interessen von hörgeschädigten Menschen, die mit einem Cochlea Implantat und / oder Hörgerät versorgt sind. In Bayern wird die Zahl von schwerhörigen Menschen auf rund 2,3 Millionen geschätzt.
So wichtig der Mund- und Nasenschutz im Kampf gegen das Corona-Virus ist, bedeutet die Maskenpflicht für hörgeschädigte Menschen eine erhebliche zusätzliche Barriere beim Verstehen von Sprache. Hörgeräte und Cochlea Implantate sind technische Wunderwerke. Das Absehen des Mundbildes ist trotzdem für die meisten Hörgeschädigte eine zusätzliche, oft unverzichtbare Unterstützung zum Sprachverstehen. Diese Möglichkeit ist durch das Abdecken des Mundbereichs nicht mehr gegeben. Zudem wird durch den eng anliegenden Stoff der Maske der Ton gedämpft und stark verzerrt.
Eine weitere Barriere für Hörgeschädigte ist die Abstandsregelung. Je weiter die Sprechenden voneinander entfernt sind, desto leiser kommt das Gesagte beim Zuhörer an. Die Entfernung durch Schreien zu überwinden führt zur Verzerrung der Sprache und ist für Schwerhörige nie hilfreich.
Masken bedeuten für hörgeschädigte Menschen auch in anderen Lebensbereichen eine erhebliche Kommunikationsbehinderung. Bei Arztbesuchen, im Krankenhaus und in Pflegeheimen ist die Informationsgewinnung dadurch erschwert und das Recht auf Aufklärung über die Erkrankung und über Behandlungsalternativen gefährdet.
In der Schule bereiten Masken z.B. auf Schulgängen oder gar im Klassenzimmer eine erheblich erschwerte Kommunikation sowohl für schwerhörige Lehrkräfte als auch hörbehinderte Schüler.
Als Lösung bieten sich Masken mit Sichtfenster oder transparenter Gesichtsschutz an. Eine Mund-Nasen-Maske mit durchsichtigem Kunststoff im Mundbereich bzw. eine
transparente Gesichtsmaske bieten eine gute Möglichkeit für gelingende Kommunikation mit Hörgeschädigten.
Apps mit Spracherkennung erfordern technische Ausstattung. Notfalls können auch einfache schriftliche Formen wie das manuelle Aufschreiben wichtiger Mitteilungen die Verständigung erleichtern.
In besonderen Fällen sollte es erlaubt sein, beim Einhalten des Sicherheitsabstandes die Maske abzunehmen. Falls eine gelingende Kommunikation mit Schwerhörigen nicht anders möglich, ist hierbei von Bußgeldern abzusehen.
Lautsprachlich orientierte Hörgeschädigte können in der Regel genauso wenig gebärden wie ihr Umfeld. Anstelle eines Gebärdensprachdolmetschers ist der Einsatz von Schriftdolmetschern die richtige Wahl. Schriftdolmetscher leisten bei Arztbesuchen, im Krankenhaus und in Pflegeheimen, aber auch in der Schule einen vom Gesetzgeber anerkannten wichtigen Dienst zum Abbau von Barrieren für schwerhörige Menschen.
Der Bayerische Cochlea-Implantat Verband weist mit Nachdruck auf die durch die Maskenpflicht gegebenen Kommunikationsbarrieren für Hörgeschädigte hin und hofft auch in schweren Zeiten auf das einfühlsame Miteinander in der Gesellschaft. Durch Aufklärung, Verständnis und Rücksichtnahme kann die Inklusion von behinderten Menschen auch in der gegenwärtigen Krise gelingen.

Pressemitteilung

Bayerischer Cochlea-Implantat-Verband e.V.

Über den Autor: Gabi Cygan

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